Beim Erschließen der Landschaft in Sierra Nevada

Kolumbien – Unsere Reise durch das Kaffeeland

triangle

Unsere Reise durch Kolumbien im April 2016 hat uns als Kaffee Aficionados absolut begeistert. Wir konnten viel neues über Kaffee dazu lernen. Hier berichtet Hannes, unser Röstmeister, von den Besonderheiten des kolumbianischen Kaffeeanbaus und erzählt mehr über die Regionen, die wir dort besucht haben.

In dieser kurzen Dokumentation nehmen wir euch ein Stück mit auf unsere Reise durch das Kaffeeland Kolumbien!

Kolumbien ist eines der traditionsreichsten und größten Kaffeeanbauländer weltweit. 1723 wurde Arabica Kaffee von den Jesuiten nach Kolumbien gebracht. Bis heute wird aufgrund der guten Anbaubedingung ausschließlich Arabica Kaffee angepflanzt. Kolumbien hat sich schon früh um die Vermarktung ihrer Kaffees bemüht. Als durchschlagender Erfolg wird die Personifizierung des kolumbianischen Kaffees durch die Werbeikone Juan Valdez im Jahr 1927 bezeichnet. In den 90er Jahren war Kolumbien, nach Brasilien, der zweitgrößte Exporteur der Welt.

Unsere kolumbianischen Kaffees

Buna Dimaa Kaffee 250 g / ganze Bohne
1238
Buna Dimaa Kaffee
Vollmundig | Kakao, Geröstete Nüsse
Röstgrad
8,90 €
Sierra Nevada Kaffee 250 g / ganze Bohne
342
Sierra Nevada Kaffee
Ausgewogen | Haselnuss, Karamell
Röstgrad
8,90 €
Decaf Kaffee 250 g / ganze Bohne
104
Decaf Kaffee
Ausgewogen | Zimt, Getrocknete Feige
Röstgrad
9,90 €
Espresso Decaf 250 g / ganze Bohne
104
Espresso Decaf
Ausgewogen | Zimt, Schokokeks
Röstgrad
10,90 €

Momentan liegt Kolumbien wieder an dritter Stelle, nach Brasilien und Vietnam, was daran liegt, dass die Kaffeeproduktion in Kolumbien von 2008 bis 2012 rückläufig war: wurden 2006 noch 12 Millionen bags produziert, waren es 2010 nur noch 9 Millionen bags. Grund für den Rückgang war einerseits die Kaffeerost Krankheit und andererseits sinkt die Produktivität generell, was vermutlich an den Folgen der Klimaerwärmung liegt. Seit 2013 steigen die Exporte wieder merkbar an. Es wird geschätzt, dass Kaffee derzeit die Haupteinnahmequelle für 500.000 Menschen in Kolumbien darstellt. Das Spannende an Kolumbien ist, dass die Landschaft und die Klimazonen, aufgrund der hohen Berge und den Ausläufern der Anden, sehr unterschiedlich ist, so dass es viele Kaffeeernte-Zonen mit ganz unterschiedlichen Geschmacksprofilen gibt. Insgesamt gibt es 32 Departemente bzw. Verwaltungsgebiete, in denen Kaffee angebaut wird. Je nach Departemente gibt es, aufgrund der klimatischen Bedingungen, eine bis drei Kaffeeernten pro Jahr. So kann in Kolumbien im Prinzip ganzjährlich Kaffee geerntet werden.

Kaffee-Kooperativen in Kolumbien sind sehr gut strukturiert

Während unserer Reise im April 2016 haben wir uns die Regionen Sierra Nevada und Tolima angeschaut und dort jeweils zwei Kooperativen besucht. Anders als in Äthiopien verfügt eine Kooperative nicht über eine zentrale Aufbereitungsstation („Washing Station“ oder „Wetmill“), sondern jeder Farmer besitzt auf seiner Finca seine eigene Aufbereitungsstation. Dies liegt daran, dass ein Farmer in Kolumbien deutlich mehr Kaffee produziert als in Äthiopien. Die höhere Produktivität ergibt sich einerseits durch eine größere Anbaufläche – ein kolumbianischer Farmer besitzt durchschnittlich 5 bis 10 Hektar Land – und andererseits ist die Produktivität der Kaffeepflanzen deutlich höher als in Äthiopien. Nachdem der Farmer seine Kaffeekirschen auf seiner Finca verarbeitet und getrocknet hat, liefert er den Pergamino Kaffee (Rohkaffee in Parchment-Haut) zur Zentrale der Kooperative, wo sich neben Büroräumen ein Kaffeelager und ein Qualitätslabor befindet.

Unterwegs in Kolumbien
Luis von der Kooperative Coocafé in Kolumbien

Viele Gegenden in der Sierra Nevada und in Tolima litten in den vergangen Jahrzehnten unter dem Einfluss von Guerilla, Paramilitär und Drogenhandel. Glücklicherweise hat sich die Lage in der letzten Dekade deutlich verbessert und Exporteure sowie internationale Kaffeehändler können diese Regionen wieder zunehmend besuchen. Diese Entwicklung ist sehr wichtig, da es den Kooperativen und Farmern dabei hilft, bessere Preise für ihren Kaffee zu erzielen. In der Vergangenheit wurden die Kaffees aus den unsicheren Gebieten zum Großteil nur zusammengemischt und pauschal als eine Standartqualität verkauft.

Aufwind: Spezialitätenkaffee und Direct Trade in der Sierra Nevada und Tolima Region

Durch den direkten Zugang für Exporteure und Kaffeehändler hat sich die Möglichkeit ergeben, dass auch einzelne Qualitätsstufen separat als Single Origin exportiert werden können. Gerade für die Spezialitätenkaffee-Szene ist das eine tolle Win-Win-Situation: Kaffeehändler wie wir, können besonders gute Qualitäten erhalten und die Farmer und Kooperativen erzielen dafür höhere Erlöse. Neu entstandene Direct Trade Möglichkeiten und damit verbundene Aussichten auf verbesserte Einnahmen, hat die Motivation der Farmer gesteigert, mehr Wert auf Qualität in allen Bereichen zu legen. Die Farmer mit denen wir gesprochen haben, sind sehr wissbegierig und versuchen ihren Anbau, das Pflücken und das Processing der Kirschen stetig zu verbessern. Sie sind zudem neugierig ihren eigenen Kaffees zu probieren und zu evaluieren, um dadurch Rückschlüsse auf ihre Arbeit zu ziehen. In Äthiopien sind die Kaffeefarmer noch nicht so weit, dass sie verstehen, welchen Einfluss ihre Arbeit auf den Kaffeegeschmack hat. Eine Entwicklung, die dort in den nächsten Jahren hoffentlich auch weiter einsetzen wird.

Unterwegs in Sierra Nevada
Wir kennen die Farmer unserer Kaffees

Diese Kooperativen haben wir besucht

Im Norden Kolumbiens liegt die Sierra Nevada de Santa Marta. Sierra Nevada bedeutet soviel wie schneebedeckte Bergketten. Die höchsten Gipfel mit 5.775 m liegen nur 45 km von der Karibikküste entfernt, weshalb die Sierra Nevada als das höchstes Küstengebirge der Welt gilt. Kaffee wird hier auf den Höhenlagen von 900 m – 1600 m kultiviert und einmal jährlich, von Oktober bis Dezember, geerntet. Die Sierra Nevada gilt als traditionelles Anbaugebiet und lässt sich in die drei Anbauzonen – La Guajira, Cesar und Magdalena – unterteilen. Wir haben zwei Kooperativen – Cocafe und Asoprosierra – in Madgalena besucht. Das Geschmacksprofil dieser Anbauregionen ist extrem vielfältig. Viele der Tassen, die wir probiert haben, hatten schöne nussige, karamellige und schokoladige Aromen. Insgesamt waren die Kaffees sehr ausgewogen und angenehm mild. Eine ideale Ergänzung zu unserem äthiopischen Portfolio!

Kooperative Cocafe: Kaffeeanbau seit 3 Generationen

Der Kooperativenname „Cocafe“ steht für „Cooperativa de Cafés Especiales Sierra Nevada”. Cocafe wurde 2008 gegründet und ist ein Zusammenschluss aus momentan 38 Farmern. Die Zentrale der Kooperative liegt in der Gemeinde Ciénaga. Ziel unseres Ausflugs war die „Finca San Juan del Potossy“ von Luis. Diese wunderschöne Finca ist auf ca. 1.500 m gelegen. Hier kultiviert Luis, auf seinem fast 10 Hektar großem Grundstück, neben Kaffee auch Früchte und Getreide. Bereits seit drei Generationen wird auf der Finca del Potossy Kaffee angebaut. Übrigens heißt der Vater von Luis auch Luis, und sein Großvater ebenfalls. Und jetzt ratet mal, wie der Sohn von Luis heißt: Genau – Luis!

Hier kommen die Kaffeebohnen her

Kooperative ASOPEP: Unkraut als Schutz vor Erosion

Der Name ASOPEP bedeutet Asociación de Productores Ecológicos de Planandas und wurde 2013 etabliert und hat momentan 162 Mitglieder. Zuerst haben wir die Finca von Davier besucht, die eine Stunde von Planandas entfernt auf ca. 1700 m liegt. Davier ist erst Mitte zwanzig, aber schon mit ganzer Leidenschaft Kaffeefarmer. Stolz hat er uns durch seine Finca geführt und gezeigt, wie sorgfältig er sich um seinen Kaffee kümmert. Daviers Finca war für mich ein gutes Beispiel, wie viel Wert qualitätsbewusste Kaffeefarmer in Kolumbien auf biologische Anbauweise legen. Zwischen seinen Kaffeesträuchern wächst lila blühendes Unkraut, was er bewusst stehen lässt, da es den Boden mit wichtigen Nährstoffen versorgt und ihn vor Erosionen schützt.

Als wir anschließend zum gemeinsamen Kaffeetrinken eingeladen werden, verrät Daviers Mutter, dass heute Daviers Geburtstag ist und bringt einen Geburtstagskuchen in die Runde. Davier bereitet den zugehörigen Geburtstagskaffee selbst zu und das macht er, zu unserem Erstaunen, mit der Porlex Handmühle und der Chemex Karaffe. Das Ergebnis schmeckt vorzüglich. Im Gegensatz zu dem typischen kolumbianischen Tinto – der sehr dunkel geröstet ist und bitter schmeckt – schmeckt Daviers Kaffee süßlich und sehr aromatisch. Davier fordert mich als deutscher Brewing Champion auf, ebenfalls eine Chemex zu zubereiten, da er neugierig ist, welche Taktik ich für die Chemex wähle. Auch seine Schwester schaut mir interessiert zu, denn ihr großer Wunsch ist es, eine professionelle Barista-Ausbildung zu absolvieren. Ich bin gerührt davon, wie viel Interesse und Freude die jungen Farmer hier am Kaffee haben. Zu meiner Erleichterung gelingt mir mein Chemex-Brew.

Origin Map des ASOPEP Kaffees
Das ist Davier von der Kooperative ASOPEP

Kooperative Asoprosierra: Viel Wissen über den richtigen Umgang mit der Kaffeepflanze

Asoprosierra bedeutet “Asoción de Productores de la Sierra Nevada de Santa Marta”. Die Kooperative wurde 2009 gegründet und hat gegenwärtig 32 Mitglieder. Wir sind früh morgens aufgebrochen, um die Finca von Darwin, einem Mitglied von Asoprosierra, zu besuchen. An diesem Tag empfing uns die Sierra Nevada mit strahlendem Sonnenschein. Da die Wege aufgrund des starken Regenfalls vom Vortag schlecht zu befahren waren, mussten wir die letzten 8 km zur Finca zu Fuß zurücklegen. Darwin lebt mit seiner Familie und zahlreichen Haustieren sehr abgeschieden auf einer ca. 12 Hektar großen Finca mitten im Urwald. Darwin ist Kaffeefarmer in dritter Generation und Kaffee stellt seine größte Einnahmequelle dar.

Darwin kümmert sich deshalb mit ganzer Leidenschaft um seinen Kaffee und weiß genau, welche Varietäten wo angepflanzt sind, wie alt die Pflanzen sind und wie er sie zu welchem Zeitpunkt zurückschneiden muss. Verglichen mit Äthiopien, ist das Wissen bei den Kaffeefarmern, rund um Kaffee und die richtige Behandlung der Pflanzen, sehr gut ausgeprägt. Dies geht zum Großteil darauf zurück, dass die FNC (Federación Nacional de Cafeteros de Colombia) seit vielen Jahrzehnten das Wissen, rund um die korrekte Pflege der Kaffeepflanzen, an die Farmer bringt. Das hohe Know-How Level der kolumbianischen Farmer ist unter anderem ein Grund dafür, dass die Produktivität der Kaffeepflanzen in Kolumbien um ein Vielfaches höher ist, als in Äthiopien.

Kooperative ASCISP: Besuch eines indigenen Volkes

Von der Kleinstadt Planadas aus haben wir die Kooperative ASCISP (Asociación de Caficultores Indígenas de San Pedro – Resguardo Indígena Nasa We’Sx) besucht. In der schönen Kleinstadt Gaitania liegt die Zentrale der Kooperative, die hier erst 2015 entstanden ist und zur Zeit 150 Mitglieder zählt. Von Gaitania aus, sind wir weiter nach Süden gefahren, um zu der Ortschaft San Pedro zu gelangen. Wegen der schlechten Straßensituation, haben wir die letzten Kilometer, durch das grüne Hochland, zu Fuß zurückgelegt. In San Pedro angekommen, wurden wir von der indigenen Nasa We’sx Community herzlich empfangen und zum traditionellen Mittagessen – einer sehr schmackhaften Hühnerbrühe – eingeladen.

Da wir die ersten internationalen Kaffeeeinkäufer waren, hat sich das ganze Dorf für uns interessiert und sich zu unserer Überraschung auf dem Dorfplatz versammelt und traditionelle Livemusik für uns zum Besten gegeben. Zum Abschluss wurden wir dazu aufgefordert, unsere Tanzkünste auf der Bühne zu demonstrieren, was ein großer Spaß für alle Anwesenden war. Am Nachmittag hatten wir noch die Chance, mit einer Farmergruppe über den Kaffeeanbau und die Probleme der Community zu sprechen.

Hier kommen die Kaffeebohnen her

Tolima – die zweitgrößte Kaffeeregion Kolumbiens

In Tolima – im westlichen Zentrum des Landes – wird erst seit den 50er Jahren Kaffee kultiviert. Insgesamt gibt es zwei Ernten pro Jahr, die Haupternte findet von Mai bis August statt und die Nebenernte von Oktober bis Februar. Das Geschmacksprofil ist sehr rund und komplex, und reicht von fruchtig blumigen bis hin zu karamellig pikanten Aromen. Die Kaffeefarmer blicken sehr hoffnungsvoll in die Zukunft, da sich nach der konfliktreichen Vergangenheit, die Situation in der jüngeren Vergangenheit erheblich verbessert hat. Mich persönlich haben die Kaffees, die ich hier probierte habe, sehr begeistert. Das geschmackliche Potential für eine blühende Spezialitätenkaffeeszene ist aus meiner Sicht absolut vorhanden.

Cupping der kolumbianischen Kaffees

Zurück in Planadas hatten wir in dem Lab der ASOPEP Kooperative die Möglichkeit, Kaffees von ASOPEP und ASCISP zu cuppen. Besonders interessant war für uns, dass wir bei diesem Cupping unterschiedliche Varietäten, d.h. Arabica Unterarten, probieren konnten. In Kolumbien gibt es ca. 10 Varietäten (Typica, Colombia, Red und Yellow Caturra, Castillo und seltener Vorkommende wie z.B. Bourbon, Maragogype, Gesha oder Wush Wush). Da bei Cuppings von äthiopischen Kaffees die Varietäten nur in den seltensten Fällen unterschieden werden können (meistens blenden die Farmer ihre unzähligen heirloom Varietäten zusammen), war ein solches Varitäten Cupping für uns eine sehr spannende Erfahrung. Manche Varietäten hatten z.B. eine höhere Säure und ein komplexeres Tassenprofil als andere.

Die Entdeckung des Wush Wush

Auf unserer Rückfahrt nach Bogotá machten wir in Ibagué noch einen kurzen Stopp, um Kaffees von der Finca Monte Verde zu cuppen. Während unserer Reise, habe ich den Farmer Nuevo kennengelernt, der mir von der Rarität „Wush Wush“ erzählt hat. Dabei handelt es sich um eine Varietät, die ursprünglich aus Äthiopien kommt und erst vor wenigen Jahren nach Kolumbien gebracht wurde. Meine Neugier für diesen Kaffee war geweckt, zumal ich für meinen WM Auftritt beim SCAE World Brewers Cup noch einen außergewöhnlich guten Kaffee benötige. In dem Cupping in Ibegaué haben wir verschiedene Lots von der Finca Monte Verde probiert, neben Gesha Kaffees also auch die besagte Wush Wush Varietät. Und das Resultat hat mich sofort begeistert. Der Wush Wush Kaffee war sogar komplexer und vielschichtiger als der Gesha Kaffee, mit Abstand der beste kolumbianische Kaffee, den ich probiert habe.

Kurzentschlossen haben wir Nuevo dann 15 kg von dem Wush Wush abgekauft, diesen auf unser Gepäck verteilt und mit nach Berlin gebracht. Ende Mai 2016 werde ich die erste Röstung mit dem Wush Wush vornehmen und bin schon sehr gespannt, ob der Kaffee dann tatsächlich mein Wettkampf-Kaffee für die WM wird.